Papa sein dagegen sehr.
Rikki Tim-Tom
oder
587 Möglichkeiten, ein Baby falsch zu halten

Ein Fortsetzungstagebuch

Kapitel 1/6, Woche 1

 

„Nichts ist mehr, wie es war“

Der große Tag ist da. Die Wohnung blitzt, ein riesiges Willkommen-Schild hängt über dem Eingang, das Kinderzimmer ist hergerichtet mit Wickelkommode, Cremes und Windeln, die Flasche Champagner für die Hebamme ist gepackt, der Maxi Cosy steht bereit, es kann losgehen. Wie wir das Krankenhaus verlassen könnte man meinen, wir sind eine ganz normale Familie, die jemanden im Krankenhaus besucht hat.

Gemütlich laufen wir zum Auto, und ich bebe geradezu vor lauter Vorfreude, wenn ich an die Wohnung denke und an das Gesicht von Irena, wenn wir heimkommen.

Wieder machen wir einen Zwischenstopp beim Bäcker, ich kaufe wieder ein phänomenales Frühstück. Irena wartet mit dem Baby im Auto, und das erzähle ich auch ganz stolz an der Theke. Aber eine Überraschung ist es nicht mehr, nicht nur die Verkäuferin, auch alle Kunden wissen schon lange von unserem kleinen Schatz.

Alle zusammen freuen wir uns, ich schwebe zurück in unser Auto, und ab geht’s nach hause.

 

Keine Frage, natürlich ist die Überraschung geglückt. Der Maxi Cosy steht am Boden, und wir beide halten uns eng umschlungen, ganz, ganz lange, ganz, ganz fest. Kann man überhaupt glücklicher sein?

 

Nicht ist mehr, wie es war. Nie mehr werden wir ohne unsere Tochter sein. Und seltsam, als ich mich gutmütig mit Irena streite, wer denn nun die Rikki wickeln darf, wird mir diese Tatsache richtig bewusst, und ein leichter Schauer läuft mir den Rücken herunter.

Während ich Irena beim Wickeln zuschaue, ergreift mich bei diesem Gedanken so etwas wie Ehrfurcht, und ich wundere mich über mich selbst, dass dieser Gedanke erst jetzt zum ersten mal auftaucht. Aber ich lasse nicht zu, dass er mir angst macht.

 

 

Allerdings- Schwester ist keine mehr da, und Hebamme auch nicht. Aber Gott sei dank- die wollte uns noch einige male besuchen kommen.

 

Aber jetzt machen wir uns erst mal an die wichtigsten Aufgaben- Ich suche aus allen Broschüren, Warenproben etc, die wir aus dem Krankenhaus mitbekommen haben, alle Gutscheine heraus und fülle Sie aus. Weitere Warenproben, Gratiskataloge, Baby-Club-Mitgliedschaften, ein richtiger kleiner Stapel liegt vor mir auf dem Tisch. Als ich die doppelten aussortiert habe, bleiben immer noch 28 Postkarten übrig.

 

Und ins Standesamt müssen wir auch noch gehen, die Urkunden fertig machen. Wie war das noch mal? Wir müssen beweisen, dass es den Namen Rikki schon gibt? Wir haben ihn doch selbst erfunden…

Ich versuche es mal im Internet. Der Suchbegriff „Rikki“ bringt 286 Treffer.

Von wegen selbst ausgedacht. Viele Tiere heißen schon so, Künstler, viele Männer haben diesen Namen, und nach einigem Suchen finde ich auch einige Frauen mit diesem Namen. Im norddeutschen Raum ist er scheinbar eine gebräuchliche Koseform von Frederike. Diese Information schneide ich natürlich aus den Ausdrucken ab, die ich gemacht habe, und so kann ich es hoffnungsvoll versuchen.

Es geht mir ja schon lange nicht mehr darum, dass das Wort „Rikki“ auf unserem Briefkasten steht. Es geht darum, dass wir unsere Tochter schon in ihrer ganzen Persönlichkeit akzeptieren, und dass sie nun einmal die Rikki ist. Und niemand soll das mehr ändern.

Mit diesen Gedanken mache ich mir Mut und versuche, die Angstgefühle nicht zuzulassen, die mir bei dem Gedanken kommen, dass wir unserer Tochter vielleicht gar nicht ihren eigenen Namen geben dürfen.

 

Aber die Standesbeamtin hat ein Einsehen und macht es gar nicht kompliziert für uns. Immerhin haben wir die Ausdrucke, und durch die weiteren Namen Magdalena und Pandora ist auch das Geschlecht eindeutig.

Beschwingt fahre ich wieder nach hause.

 

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