25 Jahre foto morgana- die Story:

Mein erstes Fotoatelier war nicht mal 10 Quadratmeter groß.
Es war mein Schlafzimmer. Ich war frisch gebackener Fotografenmeister, saß auf meinem Bett und fotografierte ein Mädel, das knapp 3 Meter vor mir vor der Wand auf einem Hocker saß.
Und ich war stolz, dass ich das tun konnte, denn ich hatte mir gerade meine eigene kleine Blitzanlage gekauft, die ich nun einweihte.
Und ein wenig war ich auch verzweifelt.
Nach meiner Meisterprüfung hatte ich so lange eine Arbeit gesucht, bis meine finanziellen Reserven zur Neige gingen. Dann fand ich mich, noch schneller als befürchtet, ernüchtert an der Bandstraße im 4-Schicht-Betrieb als Maschinenführer wieder.
Aber die Fotografie wollte ich nicht loslassen. In meiner Freizeit fotografierte ich mehrmals in der Woche hübsche Mädchen in meinem Schlafzimer, und meine größte Sorge war, dass der Nachschub versiegen könnte und ich keine Models mehr finden würde.

Bis dahin hatte ich mit Fotografie nicht all zu viel zu tun. Meinen Wusch, Fotograf zu werden, fasste ich zwar bereits an meinem ersten Schultag. Mein Vater machte von mir ein Schulanfangsbild mit Schultüte, und dann durfte ich selbst ein Bild fotografieren. Noch heute weiß ich, wie aufgeregt ich war, als ich merkte, dass der Horizont ganz schief wird, wenn ich die Kamera nicht gerade hielt.
Nachdem mir später ab der sechsten Klasse alle Berufsberater erzählten, dass Fotograf ein Modeberuf sei und es keine Chance auf eine Lehrstelle gäbe, musste ich das Heft selbst in die Hand nehmen. Von der Bank ließ ich mir für 20 Mark zwei Rollen 10-Pfennig-Münzen geben.
Ich fuhr nach München und suchte mir einen Platz, an dem 8 Telefonhäuschen nebeneinander standen, um nicht gestört zu werden. Dann blätterte ich das Brachenverzeichnis auf und führte 96 Telefongespräche mit Fotogeschäften. Ich kassierte 93 Absagen. Aber auch eine Lehrstelle.
Dass ich nach der Probezeit rausflog, war nicht so schön. Mein Lehrherr stellte immer zwei Lehrlinge ein, von denen einer die Probezeit nicht überstand. Dass mich aber mein Ex-Chef 2 Monate später anrief und mich fragte, ob ich nicht doch wieder bei ihm weitermachen wolle, freute mich. Nachts fotografierten wir Messestände und tagsüber machten wir Passbilder bei der Bundeswehr. Nach dem zweiten Lehrjahr schmiss mich mein Chef wieder raus. Eine herzensgute Berufsschullehrerin füllte mit mir einen Pseudolehrvertrag aus, was sie sicher noch oft bereut hatte. Ich machte mir ein wunderschönes Jahr zuhause und bestand die Gesellenprüfung mit Ach und Krach. Viele Jahre später, als ich der Obermeister meiner Innung geworden war, verlieh ich ihr eine lebenslange beitragsfreie Ehrenmitgliedschaft in der Innung. Aber über Fotografie wusste ich damals nicht viel.
Die Bundeswehr rief, und mit viel Glück wurde ich in einer Nato-Einheit als Fotograf eingesetzt.
Hier lernte ich Reportage- und journalistische Fotografie im „learning-by-doing“-Verfahren, denn eine Art von Ausbildung erhielt ich nicht wirklich. Mit meiner Abfindung konnte ich aber meine Meisterschule finanzieren. Für meine damals 14 Mitschüler war es überwiegend eine Art Sabbat-Jahr- sie wollten eine Art kreative Auszeit nehmen. Für mich war es eine harte Lehre. Bis zum Schluss machte ich mir keine Gedanken über meine Zukunft. Aber als ich den Meisterbrief in Händen hielt, hatte ich schlagartig zwei verschiedene Erkenntnisse. Die erste erfüllte mich mit Traurigkeit: die Meiterprüfung ist die höchste Stufe des Handwerks. Weiter konnte ich mich nicht mehr bilden. Die andere war- bis dahin hatte ich mir keinerlei Gedanken über meine Zukunft gemacht.
Und so saß ich also bald in meinem kleinen Schlafzimmer beim fotografieren.

Entgegen meiner Angst wurden es aber nicht weniger, sondern immer mehr Aufträge. Bald nahm ich mir eine neue Wohnung mit einem eigenen Zimmer für die Fotografie. Damals gab es noch eine richtige Auskunft bei der Telekom, und da hatte ich bald einen fast legendären Ruf. In der Pause hieß es damals immer: wer war beim Helmut beim fotografieren? So hatte ich keine Sorgen mehr um die Akquise. Über 180 Mädels aus der Auskunft mit ihren Freundinnen habe ich fotografiert.
Schließlich fasste ich 6 Jahre nach meiner Meisterprüfung den Entschluss, mich selbständig zu machen. Ein Crash-Kurs bei der Handwerkskammer, ein Kredit bei der KFW-Bank und aus einem kleinen Ex-Lebensmittelladen in einer Seitenstraße ertönte der Startschuss für eine neue Attraktion: die frischen, fröhlichen, ungestellten Bilder von foto morgana.
Bald sagten die Kinder von etlichen Kunden: wir wollen aber zu foto morgana, nicht woanders hin. Daran waren natürlich nur die Gummibärchen schuld, die wir fleißig verteilten. Aber unser Stil zu fotografieren hatte Erfolg. Wir wollten schon immer Menschen nicht fotografieren, wie sie ausschauen, sondern so, wie sie sind.
Wir hatten keine Berührungsängste- auf Hochzeiten durften die anderen Gäste munter mit uns mitfotografieren, jedenfalls so lange, bis ich einmal einen Trauzeugen hatte, der die gleiche Kamera wie ich hatte, und immer, wenn ich ein Bild machte, hörte ich hinter meiner Schulter auch das Klick des Trauzeugen.
Da wir nicht an der Hauptstraße waren, mussten wir natürlich kräftig die Werbetrommel rühren. Waren wir so gut, oder war es Zufall? Einige unserer Webesprüche fanden wir später zum Teil sogar international wieder. Wir hatten zum Beispiel: „Kuck mal!“ und bald darauf sahen wir auf Plakaten: Kuck mal, Konica! Am erfolgreichsten war wohl: „Wir sind halt einfach gut“. Etwa ein Jahr später konnte man in der Fernsehwerbung hören: McDonalds ist einfach gut!
Nach drei Jahren wurde uns ein Geschäft in Augsburg angeboten. Natürlich wollten wir es nicht kaufen, aber wir dachten, es wäre keine schlechte Übung, das Verhandeln zu lernen. Seither gibt es also unsere Filiale.
Unser 10jähriges Jubiläum wurde bei uns im Garten gefeiert. Zusammen mit der Freisprechung der frisch gebackenen Fotografengesellen (und auch meiner eigenen Frau Irena, die ich mittlerweile geheiratet hatte) des Jahres 1999, denn ich war mittlerweile der Obermeister der Fotografeninnung Schwaben, mein „Hoheitsgebiet“ reichte von Lindau bis Nördlingen, und selbst der Bürgermeister ließ es sich nicht nehmen, eine Laudatio auf uns zu sprechen.

Nach meiner kleinen Revolution, die Fotografie zu verändern, folgte zur Jahrtausendwende eine große. Seit 10 Jahren wurde schon spekuliert, und als schon fast keiner mehr daran glauben wollte, wurde die digitale Technik in der Fotografie eingeführt, in einem atemberaubenden Tempo.
Endlich hatte man den gesamten Workflow selbst in der Hand. Wie schön war es, die Kunden nicht mehr drei Tage auf die Filmentwicklung warten lassen zu müssen. Mit der Präsentation der Aufnahmen auf dem großen Monitor wurde ein Meilenstein in der Fotografie erreicht. Und es dauerte nicht lange, da hat der eine Kunde gefragt, warum sein Muttermal verschwunden ist, und der nächste wollte seine Pickel behalten. Und warum man denn 2 Tage auf seine Bilder warten müsse?
Und ständig hörten wir von allen Seiten, wie schlimm es doch für uns Fotografen sein müsse, wenn doch jetzt jeder seine eigene Digitalkamera hätte. Als ob es davor nicht auch schon Fotoapparate gegeben hätte.
Aber natürlich eröffnete die digitale Technik enorme neue Möglichkeiten. Wenn früher mit dem Druck auf den Auslöser die Arbeit im wesentlichen getan war, begann sie jetzt eigentlich erst am Computer mit der Bildbearbeitung. Unsere Porträts sollten Kunstwerke sein, die in einer Postergalerie ausgestellt werden könnten.

Der letzte große Einschnitt in der Fotografenszene war, als die Meisterpflicht abgeschafft wurde. Wo es zwischen Göggingen und Schwabmünchen früher drei Fotografen gab, waren es fortan zwischen 20 und 25. Auf die Qualität wirkte dies sich nicht so schnell aus wie auf den Preis. Endlich gab es eine breite Masse an Fotografen, von denen wir uns abheben konnten.
Und heute? Wir leben in einer Zeit, in der das einzelne Bild nichts mehr zählt. Wer 1000 Bilder auf seinem PC hat, der achtet nicht ein einzelnes Foto. Wer seine Bilder nur mehr auf dem Handy zeigt, für den ist es schwer, ein einzelnes Kunstwerk zu honorieren. Den meisten Menschen ist aus dem Sinn gekommen, dass ein Foto etwas für –wenn auch nicht die Ewigkeit, so doch für eine lange Zeit Bestand hat. Wer heute Kinder hat, wird ihnen zu Ihrer Volljährigkeit kein Album mehr mit ihren Baby- und Kinderbildern schenken können, weil sich so viele in Schall und Rauch aufgelöst haben.
Und so leisten wir Fotografen heute einen kaum hoch genug einzuschätzenden Dienst an unseren Mitmenschen, indem wir Ihre Erinnerungen festhalten. Unsere auf Papier gedruckten Bilder überstehen eine lange Zeit und geben und erhalten einen guten Teil der Identität unserer Kunden und Ihrer Kinder für viele zukünftige Jahre.

Und hier noch etwas zu Tomba:


Mein Bruder Thomas Riegel
ist am 26.11.2011 im Alter von 41 Jahren gestorben.
Ich möchte hier sein Andenken bewahren.

Sie können den Film auch hier anschauen

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Ein Bild vom Chef auf der

Rallye Allgäu- Orient 2006

In 19 Tagen von Oberstaufen nach Amman und zurück

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